Kulturschock
Es ist Nacht als ich in Delhi ankomme. Ich hab kaum geschlafen. Im Gegensatz zu dem Abfertigungsbeamten dem, bei der Begutachtung meines Passes, immer wieder die Augen zufallen. Ich bin fast 24 Stunden unterwegs. Als ich der Flughafenterminal verlasse und mit den anderen zum Bus laufe schlägt mir schwüle Luft entgegen und einen Geruch den ich bisher nicht kannte. Der Terminal ist in helles Licht getaucht. Glas und Beton heben sich gegen den dunklen Nachthimmel ab. Es sind Bilder wie aus einem Science-Fiction Film. Das Ufo ist gelandet und die Aliens steigen aus. Der Geruch macht mich nervös. Es riecht irgendwie verbrannt. Später im Bus geht es unter Autobahnviadukten hindurch, vorbei an merkwürdigen Häusern, die aussehen wie Garagen auf die jemand noch ein Stockwerk darauf gesetzt hat. Es ist dunstig. Der Bus kämpft sich durch den morgendlichen Verkehr auf die Ausfallstraße nach Jaipur, vorbei an den massiv gebauten und verspiegelten Fassaden der Callcenter, denen Indien seinen Sprung in den Kreis der Schwellenländer verdankt. Der Kulturschock setzt dann ganz langsam ein, kriecht förmlich hoch. Die Sonne geht auf, hätte ich jetzt um ein Haar geschrieben, aber sie geht gar nicht auf. Jedenfalls nicht heute oder nicht hier. Der Dunst wird einfach nur heller bis er eine weißliche Farbe angenommen hat. Die Farben um mich herum sind trotz ihrer Buntheit merkwürdig blass und kontrastlos. So als hätte jemand am Farbregler des Fernsehers die Sättigung herunter gedreht. Die garagenartigen Häuser säumen die Schnellstraße. Ebenso wie Kühe und Hunde. Der Boden ist gelb vom Wüstensand und übersäet mit Plastikflaschen und anderem Müll. Menschen gehen hier an der Straße ihren Geschäften nach. Es erinnert ein bisschen an eine Mischung aus Autobahnraststätte und Wochenmarkt. Es gibt Stände mit Tee und Reparaturwerkstätten. Alles in allem ein wildes Durcheinander von Menschen, Tieren, Fahrzeugen aller Art und Müll.
Frühstück. Es ist Zeit zum frühstücken. Aber doch nicht hier. Nein! Ich will hier nicht frühstücken. Der Bus wendet. Es ist vielmehr die Idee von einer Wendung. Der Busfahrer biegt zunächst auf eine Piste ab, dreht dann rückwärts den Bus, um anschließend quer über die vierspurige Straße auf die andere Seite zu fahren, was nur unter kräftigem Gehupe möglich ist. Es geht sehr langsam. Verkehr bedeutet hier Anarchie. Soviel habe ich schon gelernt. Der Bus fährt zwischen zwei Ständen hindurch. Ich steige aus und vor mir liegt tatsächlich ein weißes Gebäude umgeben von einem kleinen Park. Kein Müll. Drinnen ist es nicht sehr gemütlich. Wir sitzen in einem hohen Raum an einer langen Tafel, an der Decke drehen sich ein paar Ventilatoren. Wenn man spricht hallt es sehr. Eine koloniale Raststätte. Ich stelle mir Männer mit Reitstiefeln mit roten Uniformjacken vor, die den Raum durchqueren um durch die großen Glastüren gegenüber auf die Terrasse zu schreiten. Es gibt die Idee eines europäischen Frühstücks. Weichen Toast, salzige Butter, Eier deren Dotter eher grün ist als gelb, Marmelade die die Konsistenz von Orangeade hat und Pulverkaffee. Die Kellner sind alle sehr bemüht, wirken aber überfordert. Ich wirke übermüdet und fange an mich zu fragen, ob es wirklich eine so gute Idee war nach Indien zu reisen. Hab ich doch zu Hause alles was ich brauche. Ich entdecke das Highlight des Frühstücks. Es gibt Bananen. Die kenne ich von zu Hause. Bananen gehen immer, sind in freundlichem gelb verpackt machen satt und glücklich. Gut die Verpackung der Bananen entspricht auch wieder nur der Idee von unserer Bananenverpackung. Indische Bananen werden nämlich reif geerntet und haben entsprechend mehr braune Flecken unsere. Dafür entschädigt einen dann aber der Geschmack. Und die umweltfreundliche Verpackung wird ja ohnehin nicht mitgegessen.
(Originaltext von 2010)
Frühstück. Es ist Zeit zum frühstücken. Aber doch nicht hier. Nein! Ich will hier nicht frühstücken. Der Bus wendet. Es ist vielmehr die Idee von einer Wendung. Der Busfahrer biegt zunächst auf eine Piste ab, dreht dann rückwärts den Bus, um anschließend quer über die vierspurige Straße auf die andere Seite zu fahren, was nur unter kräftigem Gehupe möglich ist. Es geht sehr langsam. Verkehr bedeutet hier Anarchie. Soviel habe ich schon gelernt. Der Bus fährt zwischen zwei Ständen hindurch. Ich steige aus und vor mir liegt tatsächlich ein weißes Gebäude umgeben von einem kleinen Park. Kein Müll. Drinnen ist es nicht sehr gemütlich. Wir sitzen in einem hohen Raum an einer langen Tafel, an der Decke drehen sich ein paar Ventilatoren. Wenn man spricht hallt es sehr. Eine koloniale Raststätte. Ich stelle mir Männer mit Reitstiefeln mit roten Uniformjacken vor, die den Raum durchqueren um durch die großen Glastüren gegenüber auf die Terrasse zu schreiten. Es gibt die Idee eines europäischen Frühstücks. Weichen Toast, salzige Butter, Eier deren Dotter eher grün ist als gelb, Marmelade die die Konsistenz von Orangeade hat und Pulverkaffee. Die Kellner sind alle sehr bemüht, wirken aber überfordert. Ich wirke übermüdet und fange an mich zu fragen, ob es wirklich eine so gute Idee war nach Indien zu reisen. Hab ich doch zu Hause alles was ich brauche. Ich entdecke das Highlight des Frühstücks. Es gibt Bananen. Die kenne ich von zu Hause. Bananen gehen immer, sind in freundlichem gelb verpackt machen satt und glücklich. Gut die Verpackung der Bananen entspricht auch wieder nur der Idee von unserer Bananenverpackung. Indische Bananen werden nämlich reif geerntet und haben entsprechend mehr braune Flecken unsere. Dafür entschädigt einen dann aber der Geschmack. Und die umweltfreundliche Verpackung wird ja ohnehin nicht mitgegessen.
(Originaltext von 2010)